Verfall von Urlaub, Mitwirkungsobliegenheiten des Arbeitgebers. Änderung der Rechtsprechung.

In seiner Entscheidung vom 19.02.2019 (9 AZR 423/16) hat das Bundesarbeitsgericht entschieden, dass die Befristung des Urlaubsanspruchs nach § 7 Abs. 3 BUrlG grundsätzlich voraussetzt, dass der Arbeitgeber seiner Mitwirkungsobliegenheit bei der Verwirklichung des Urlaubsanspruchs (nur) genügt, indem er den Arbeitnehmer – erforderlichenfalls förmlich – auffordert, seinen Urlaub zu nehmen und ihm klar und rechtzeitig mitteilt, dass der Urlaub mit Ablauf des Kalenderjahres oder Übertragungszeitraums verfällt, wenn der Arbeitnehmer ihn nicht beantragt.

Im entschiedenen Fall hatte der Kläger den Arbeitgeber nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses aufgefordert, ihm den Urlaub aus zwei Jahren, in denen er keinen Urlaub beantragt hatte, abzugelten.

Nach der bisherigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts verfiel nicht genommener Urlaub spätestens zum 31.03. des Folgejahres unabhängig davon, ob der Arbeitgeber den Arbeitnehmer zuvor in die Lage versetzt hatte, den Urlaub zu nehmen.

Nach einem Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom 06.11.2018 (-C- 684/16) legt das Bundesarbeitsgericht § 7 des Bundesurlaubsgesetzes jetzt richtlinienkonform dahingehend aus, dass dem Arbeitgeber die Initiativlast bei der Verwirklichung des Urlaubsanspruchs gemäß § 7 Abs. 1 S. 1 BUrlG zusteht.

Erst die Mitwirkungsobliegenheit des Arbeitsgebers, nämlich den Arbeitnehmer aufzufordern und in die Lage zu versetzen seinen Urlaub auch tatsächlich zu nehmen, führt zu einer Befristung des Urlaubsanspruchs nach § 7 Abs. 3 BUrlG.

Der Arbeitgeber kann seine Obliegenheit dadurch erfüllen, dass er den Arbeitnehmer zu Beginn des Kalenderjahres in Textform oder schriftlich mitteilt, wie viel Urlaubstage Urlaub ihm im Jahr zustehen und ihn auffordert, seinen Jahresurlaub so rechtzeitig zu beanspruchen, dass er innerhalb des laufenden Urlaubsjahres genommen werden kann.

Darüber hinaus hat der Arbeitgeber den Arbeitnehmer über die Konsequenzen zu belehren, die eintreten, wenn dieser den Urlaub nicht entsprechend der Aufforderung beantragt.

Abstrakte Angaben etwa in einem Arbeitsvertrag oder in einem Merkblatt genügen den Anforderungen einer konkreten und transparenten Unterrichtung in der Regel nicht.

Der Arbeitgeber kann deshalb das uneingeschränkte Kumulieren von Urlaubsansprüchen aus mehreren Jahren nur dadurch vermeiden, dass er seine Mitwirkungsobliegenheiten für den Urlaub aus zurückliegenden Urlaubsjahren im aktuellen Urlaubsjahr nachholt.

Bleibt der Arbeitgeber untätig, so kann dies dazu führen, dass der Arbeitnehmer bei Ausscheiden rückwirkend über viele Jahre noch offene Urlaubsansprüche geltend machen kann und ihm ein entsprechender Urlaubsabgeltungsanspruch zusteht.

2019-07-31T12:31:22+02:00Arbeitsrecht|

Nachvertragliches Wettbewerbsverbot, Rücktritt

In einem Urteil vom 31.01.2018, 10 AZR 392/17 (Vorinstanzen LAG Nürnberg 4 Sa 564/16, ArbG Würzburg 6 Ca 498/16) hat das Bundesarbeitsgericht entschieden, dass die Bestimmungen über das gesetzliche Rücktrittsrecht auch auf nachvertragliche Wettbewerbsverbote Anwendung finden.

Dies bedeutet, dass Arbeitnehmer oder Arbeitgeber unter den Voraussetzungen dieser Vorschriften berechtigt sind, von einem nachvertraglichen Wettbewerbsverbot zurückzutreten, wenn die andere Vertragspartei eine Leistung nicht oder nicht vertragsmäßig erbringt.

Im Gegenseitigkeitsverhältnis steht die vom Arbeitnehmer geschuldete Unterlassung des Wettbewerbs einerseits und die vom Arbeitgeber geschuldete Zahlung der Karenzentschädigung andererseits.

Der Rücktritt vom nachvertraglichen Wettbewerbsverbot wird nur für die Zukunft („ex nunc“) wirksam, d. h. erst für die Zeit nach dem Zugang der Erklärung entfallen die wechselseitigen Pflichten.

2019-02-21T14:22:23+01:00Arbeitsrecht|

Schadensersatzpauschale

In seiner Entscheidung vom 25.09.2018 (AZ 8 AZR 26 / 18) hat sich das Bundesarbeitsgericht mit der Frage auseinandergesetzt, ob Arbeitgeber eine Schadensersatzpauschale (§ 288 Abs. 5 BGB) zahlen müssen, wenn sie sich mit Entgeltzahlungen in Verzug befinden. Diese Frage war bislang höchstrichterlich nicht geklärt.

Der pauschale Schadensersatz von 40,00 € bei verspäteten Zahlungen soll unpünktliche oder unvollständige Zahlungen im Geschäftsverkehr vermeiden. Seit Einführung der Verzugspauschale durch den Gesetzgeber war strittig, ob die Regelung des § 288 Abs. 5 BGB auch im Arbeitsrecht gilt.

In dem aktuellen Grundsatzurteil hat sich das Bundesarbeitsgericht jetzt, anders als die Landesarbeitsgerichte, gegen Verzugspauschalen im Arbeitsrecht ausgesprochen.

Das Bundesarbeitsgericht kommt in seiner Entscheidung zum Ergebnis, dass die Vorschrift des § 288 Abs. 5 BGB zwar grundsätzlich auch in den Fällen Anwendung findet, in denen sich der Arbeitgeber mit der Zahlung von Arbeitsentgelt in Verzug befindet.

Wegen der speziellen arbeitsrechtlichen Regelung in § 12 a Abs. 1 S. 1 Arbeitsgerichtsgesetz soll aber der Anspruch letztlich doch ausgeschlossen sein. Das Bundesarbeitsgericht begründet seine Auffassung damit, dass diese spezielle Vorschrift nicht nur einen prozessualen Kostenerstattungsanspruch ausschließt, sondern auch einen materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruch wie den Anspruch auf Schadenersatz gemäß § 288 Abs. 5 BGB.

Die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts ist aus unserer Sicht schwer nachvollziehbar. Sie muss allerdings als höchstrichterliche Entscheidung hingenommen werden.

2019-02-21T14:21:56+01:00Arbeitsrecht|

Teilzeit- und Befristungsgesetz (TzBfG)

Neue Entscheidungen zum Vorbeschäftigungsverbot und mögliche Aufgabe der BAG Rechtsprechung

Arbeitsverhältnisse können nach § 14 TzBfG mit und ohne Sachgrund befristet werden. Eine sachgrundlose (Zeit) Befristung des Arbeitsvertrages bis zu einer Dauer von 2 Jahren ist nach dem Wortlaut des § 14 Abs. 2 S. 2 TzBfG nur zulässig, wenn mit demselben Arbeitgeber nicht bereits zuvor ein befristetes oder unbefristetes Arbeitsverhältnis bestanden hat. (Vorbeschäftigungsverbot)

Im April 2011 (7 AZR 716/09) hat das Bundesarbeitsgericht in einer viel diskutierten Entscheidung eine zeitliche Grenze des sogenannten Vorbeschäftigungsverbotes in dem Sinne gezogen, dass lediglich eine „Vorbeschäftigung“ aus den letzten 3 Jahren eine erneute sachgrundlose Zeitbefristung ausschließen soll.

Diese Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts erfährt zwischenzeitlich einen spürbaren Gegenwind durch die Landesarbeitsgerichte. So haben sowohl die 3. Kammer des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg, als auch die 6. Kammer des gleichen Gerichts in 2 Entscheidungen am 13.10.2016 (vergl. 3 Sa 34/16) sich mit der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts auseinandergesetzt und darauf hingewiesen, dass der Gesetzgeber die Einschränkung des Vorbeschäftigungsverbotes diskutiert, aber bewusst keine zeitliche Einschränkung ins Gesetz aufgenommen hat.

In diesem Sinne hat zwischenzeitlich auch das Landesarbeitsgericht Niedersachsen am 23.05.2017 (9 Sa 1154/16) entschieden.

Das Landesarbeitsgericht Köln hat in seiner Entscheidung vom 28.04.2016 zwar die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts geteilt, jedoch die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung des Rechtsstreits mit dem Hinweis auf bemerkenswerte Argumente des LAG Baden-Württemberg zugelassen.

Das Arbeitsgericht Braunschweig hat ebenfalls darauf hingewiesen, dass nach dem Wortlaut der Vorschrift des § 14 TzBfG keine Begrenzung des Vorbeschäftigungsverbotes in die Vorschrift hineingelesen werden könne. Das Arbeitsgericht sieht darin aber einen Verstoß gegen die Berufsfreiheit und hat das Bundesverfassungsgericht angerufen.

Da zwischenzeitlich sich im zuständigen 7. Senat des BAG die Besetzung geändert hat, erscheint es durchaus möglich, dass das BAG seine Rechtsprechung ändern wird die die von ihm ins Gesetz hineingelesene Dreijahresfrist aufgibt.

Aus diesem Grunde sind Arbeitgeber derzeit gut beraten sich bei Abschluss eines befristeten Arbeitsvertrages nicht an der Rechtsprechung aus dem Jahr 2011 zu orientieren und bei einer länger zurückliegenden Vorbeschäftigung ein zeitlich befristetes Arbeitsverhältnis abzuschließen. Es besteht in diesem Falle die Gefahr, ungewollt in ein unbefristetes Arbeitsverhältnis „hinein zu rutschen“.

Aus diesem Grunde sollte bei einer Vorbeschäftigung, gleichgültig wie lange diese zurückliegt, nur eine Befristung mit Sachgrund (§ 14 Abs 1 TzBfG) vereinbart werden.

2019-02-21T14:20:27+01:00Arbeitsrecht|

Zeitliche Obergrenzen für Sachgrundbefristungen

„Das Arbeitsgericht Bamberg (2 Ca 627/15) hat im Rahmen einer Entfristungssklage entschieden, dass ein über einen Zeitraum von 9 Jahren insgesamt neunmal befristetes Arbeitsverhältnis eines Realschullehrers rechtsmissbräuchlich befristet wurde, weil die Grenzen des § 14 Abs. 2 S. 1 TzBfG um ein Vielfaches überschritten wurden (die Gesamtdauer um mehr als das Vierfache und die Gesamtzahl um mehr als das Doppelte).

Es liegt damit eine unzulässige „Kettenbefristung“ vor.

Die Entscheidung des Arbeitsgerichts Bamberg ist rechtskräftig.

Zwischenzeitlich hat das Amtsgericht Bamberg im Rahmen einer weiteren Entfristungsklage, in welchem das befristete Arbeitsverhältnis eines angestellten Lehrers, dessen Arbeitsverhältnis in 13 Jahren 14 Mal befristet wurde, in der mündlichen Verhandlung den beklagten Freistaat Bayern auf die aktuelle Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts (BAG 7 AZR 135/15) hingewiesen.

Nach der neuen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts vom 26.10.2016 ist davon auszugehen, dass dann, wenn eine der Grenzen des § 14 Abs. 2 TzBfG um das Fünffache oder beide Grenzen jeweils um das Vierfache überschritten werden, ein Rechtsmissbrauch indiziert ist.

Diese Grundsätze gelten auch für Schulen.“

Das Bundesarbeitsgericht hat damit insbesondere den öffentlichen Arbeitgebern, die von den Befristungsregelungen rege Gebrauch machen eine „Rechtsmissbrauchsampel“ gezeigt.

2019-02-21T14:19:44+01:00Arbeitsrecht|

Arbeitsunfähigkeit infolge Krankheit

„In einer aktuellen Entscheidung vom 02.11.2016 – 10 AZR 596/15 hat das Bundesarbeitsgericht klargestellt, dass ein durch Arbeitsunfähigkeit infolge Krankheit an seiner Arbeitsleistung verhinderter Arbeitnehmer regelmäßig nicht verpflichtet ist, auf Anweisung des Arbeitgebers im Betrieb zu erscheinen, um dort an einem Gespräch zur Klärung der weiteren Beschäftigungsmöglichkeit teilzunehmen.

Der Entscheidung lag folgender Sachverhalt zugrunde:

Der Arbeitgeber hatte einen Arbeitnehmer, der sich geweigert hat, während seiner attestierten Erkrankung an einem Krankengespräch teilzunehmen, eine Abmahnung erteilt. Die Klage des Arbeitnehmers auf Entfernung der Abmahnung aus der Personalakte hatte Erfolg.

Das Bundesarbeitsgericht hat in seiner Entscheidung   klargestellt, dass die Arbeitspflicht des Arbeitnehmers auch die Pflicht zur Teilnahme an einem vom Arbeitgeber während der Arbeitszeit im Betrieb angewiesenen Gespräch, dessen Gegenstand Inhalt, Ort und Zeit der zu erbringenden Arbeitsleistung ist, mit umfasst.

Da allerdings der erkrankte Arbeitnehmer während der Arbeitsunfähigkeit seiner Arbeitspflicht nicht nachkommen muss, ist er grundsätzlich auch nicht verpflichtet, im Betrieb zu erscheinen. Dies bedeutet aber  nicht, dass es dem Arbeitgeber völlig untersagt ist, mit dem erkrankten Arbeitnehmer in einem zeitlich angemessenen Umfang in Kontakt zu treten, um eine weitere Beschäftigung nach dem Inhalt der Arbeitsunfähigkeit zu erörtern. Voraussetzung dafür ist allerdings, dass der Arbeitgeber ein berechtigtes  betriebliches Interesse aufzeigt.

Der arbeitsunfähige Arbeitnehmer ist jedoch nicht verpflichtet,  auf Anweisung des Arbeitgebers im Betrieb zu erscheinen, es sei denn, dies ist ausnahmsweise aus betrieblichen Gründen unverzichtbar und der Arbeitnehmer dazu gesundheitlich in der Lage.

Da ein Arbeitgeber regelmäßig nicht wird nachweisen können, dass ein Erscheinen des erkrankten Arbeitnehmers aus betrieblichen Gründen unverzichtbar ist, wird man ganz allgemein festhalten können, dass keine Verpflichtung während der Arbeitsunfähigkeit besteht, auf Weisung des Arbeitgebers im Betrieb zu erscheinen und dort an einem Gespräch zur Klärung der weiteren Beschäftigungsmöglichkeit teilzunehmen.“

2019-02-21T14:19:16+01:00Arbeitsrecht|

Entgeltforderung bei Verzug des Schuldners

„Der Gesetzgeber hat in § 288 BGB einen neuen Absatz V. eingefügt. Danach steht dem Gläubiger eine Entgeltforderung bei Verzug des Schuldners, wenn dieser kein Verbraucher ist, neben Verzugszinsen auch ein Anspruch auf Zahlung einer Pauschale i. H. v. 40,00 € zu.

Die Vorschrift ist nach ganz überwiegender Ansicht auch auf Ansprüche von Arbeitnehmern anwendbar, wenn sich der Arbeitgeber mit der Lohnforderung in Verzug befindet.

Darüber hinaus gelten seit Oktober 2016 neue Formerfordernisse.

Mit der am 01.10.2016 in Kraft getretenen Neufassung von § 309 Nr. 13 BGB wird die Textform erheblich gestärkt.

Die gesetzliche Neuregelung untersagt bei nicht beurkundungsbedürftigen Verträgen (z.B. einem Arbeitsvertrag) Bestimmungen, durch die Anzeigen oder Erklärungen gegenüber dem Arbeitgeber oder einem Dritten an eine strengere Form als die Textform gebunden werden. Dies gilt jedenfalls für Verträge, denen der Charakter von Allgemeinen Geschäftsbedingungen zukommt.

Da Arbeitsverträge in der Regel für eine Vielzahl von Fällen vorformuliert sind, werden diese regelmäßig von den Arbeitsgerichten von Amts wegen nach dem Recht der AGBs überprüft. Aus diesem Grunde sollten jedenfalls ab dem 01.10.2016 keine Arbeitsverträge mehr verwendet werden, die eine schriftliche Geltendmachung von Ansprüchen zur Wahrung von Ausschlussfristen verlangen.

Insbesondere Verfallklauseln bedürfen also dringend einer Anpassung und sollten künftig nur noch Textform vorsehen. Andernfalls verstoßen Sie gegen § 309 Nr. 13 BGB.“

2019-02-21T14:18:37+01:00Arbeitsrecht|

Einsicht in die Personalakten unter Hinzuziehung eines Rechtsanwalts

Das Bundesarbeitsgericht hat in einem Urteil vom 12.07.2016 (9 AZR 791/14) Vorinstanz LAG Nürnberg, Urteil vom 10.10.2014 (8 Sa 138/14) eine für die Praxis immer wieder interessante Frage entschieden, nämlich ob ein Arbeitnehmer Einsicht in die Personalakten unter Hinzuziehung eines Rechtsanwalts nehmen kann. Es wurde in der Vergangenheit immer wieder die Meinung vertreten, dass ein solcher Anspruch besteht. Das Bundesarbeitsgericht hat nunmehr abschließend entschieden, dass der Arbeitnehmer (lediglich) das Recht hat, in die über ihn geführten Personalakten Einsicht zu nehmen und hierzu ein Mitglied des Betriebsrats (§ 83 Abs. 1 S. 1 und S. 2 Betriebsverfassungsgesetz) hinzuziehen kann, wenn ihm das Recht eingeräumt wird, Kopien zu fertigen.

Das Bundesarbeitsgericht hat entschieden, dass die Regelung des § 83 BetrVG keinen Anspruch des Arbeitnehmers auf Einsichtnahme unter Hinzuziehung eines Rechtsanwalts begründet.

Ein solches Recht folgt auch weder aus der Rücksichtnahmepflicht des Arbeitgebers noch aus dem Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung, jedenfalls dann nicht, wenn der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer erlaubt, für sich Kopien von den in den Personalakten befindlichen Schriftstücken zu fertigen.

In einem solchen Fall hat der Arbeitnehmer ausreichend Gelegenheit, anhand der gefertigten Kopien den Inhalt der Personalakten mit seinem Prozessbevollmächtigten zu erörtern. Der Hinzuziehung eines Anwalts zur Einsichtnahme in die Personalakte bedarf es dann nicht.

2019-02-21T14:17:34+01:00Arbeitsrecht|

Altersdiskriminierende Kündigung

In einem interessanten Urteil hat das Bundesarbeitsgericht mit Urteil vom 23.07.2015 (BAG 6 AZR 457/14) entschieden, dass eine altersdiskriminierende Kündigung im Kleinbetrieb gemäß § 134 BGB i.V.m. §§ 7 Abs. 1, 1,3 AGG unwirksam ist. Damit hat das Bundesarbeitsgericht erstmals eindeutig entschieden, dass bei Vorliegen eines Diskriminierungstatbestandes (z. B. Alter, Behinderung, Geschlecht) eine in einem Kleinbetrieb ausgesprochene Kündigung unwirksam ist.

Im entschiedenen Fall hat der der Hinweis auf eine „Pensionsberechtigung“ in einem Kündigungsschreiben zur Vermutung gemäß § 22 AGG geführt, also dass das Alter auch ein Motiv für die Kündigung war.

Wird ein Arbeitnehmer wegen der Möglichkeit des Bezugs einer Rente wegen Alters weniger günstig behandelt, als eine andere Person in einer vergleichbaren Situation, liegt eine unmittelbare Benachteiligung wegen des Lebensalters im Sinne des § 3 Abs. 1 S. 1 AGG vor.

Wenn eine Benachteiligungsvermutung besteht, trägt die andere Partei (der Arbeitgeber) die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass der Gleichbehandlungsgrundsatz nicht verletzt worden ist. Bei einer wegen des Alters vermuteten Benachteiligung ist die Darlegung und ggf. der Beweis von Tatsachen erforderlich, aus denen sich ergibt, dass es ausschließlich andere Gründe waren, als das Alter, die zu der weniger günstigen Behandlung geführt haben und dass in dem Motivbündel das Alter keine Rolle gespielt hat.

Derjenige, der sich auf die Zulässigkeit einer unterschiedlichen Behandlung wegen des Alters beruft, also der Arbeitgeber, trägt die Darlegungs- und Beweislast bezüglich des Vorliegens eines legitimen Ziels im Sinne des § 10 Satz 1 AGG.

2019-02-21T14:14:51+01:00Arbeitsrecht|

Wirksamkeit der Befristung eines Arbeitsvertrages, Vorliegen eines Sachgrunds (Vertretung)

Nach § 14 Abs. 1 Satz 1, Satz 2 Nr. 3 TzBfG liegt ein sachlicher Grund für die Befristung eines Arbeitsvertrages vor, wenn der Arbeitnehmer zur Vertretung eines anderen Arbeitnehmers beschäftigt wird. Bestandteil des Sachgrundes ist die Prognose des Arbeitgebers über den voraussichtlichen Wegfall des Vertretungsbedarfs nach Rückkehr des zu vertretenden Mitarbeiters.

Der Sachgrund der Vertretung setzt einen ursächlichen Zusammenhang zwischen dem zeitweiligen Ausfall des Vertretenen und der Einstellung der Vertretungskraft voraus.

Der Vertretungszusammenhang ist gegeben, wenn der befristet zur Vertretung angestellte Mitarbeiter die vorübergehend ausfallende Stammkraft unmittelbar vertritt und die von ihr bislang ausgeübten Tätigkeiten erledigt (unmittelbare Vertretung).
Wird die Tätigkeit des zeitweise verhinderten Mitarbeiters nicht vom Vertreter, sondern von einem anderen Mitarbeiter oder von mehreren anderen Mitarbeitern ausgeübt und deren Tätigkeit dem Vertreter zugewiesenen (mittelbare Vertretung), so hat der Arbeitgeber zur Darstellung des Ursachenzusammenhangs grundsätzlich die Vertretungskette zwischen dem Vertretenen und dem Vertreter darzulegen.

Werden dem befristet beschäftigten Arbeitnehmer Aufgaben übertragen, die der vertretene Mitarbeiter nie ausgeübt hat, besteht der erforderliche Vertretungszusammenhang nicht nur, wenn eine mittelbare Vertretung erfolgt, sondern auch dann, wenn der Arbeitgeber rechtlich und tatsächlich in der Lage wäre, den vorübergehend abwesenden Arbeitnehmer im Falle seiner Anwesenheit die dem Vertreter zugewiesenen Aufgaben zu übertragen. In diesem Fall ist allerdings zur Gewährleistung des Ursachenzusammenhangs zwischen der zeitlichen Arbeitsverhinderung der Stammkraft und der Einstellung der Vertretungskraft erforderlich, dass der Arbeitgeber bei Vertragsschluss mit dem Vertreter dessen Aufgaben einen oder mehreren vorübergehend abwesenden Beschäftigten nach außen erkennbar gedanklich zuordnet. Dies kann durch eine entsprechende Angabe im Arbeitsvertrag geschehen. Nur dann ist gewährleistet, dass die Einstellung des Vertreters auf der Abwesenheit des zu vertretenden Arbeitnehmers beruht darauf, ob und wie die bisherigen Aufgaben der vorübergehend abwesenden Stammkraft wahrgenommen werden, es bei der gedanklichen Zuordnung nicht an (Bundesarbeitsgericht Urteil vom 11.02.2015 – 7 AZR 113/13).

Wirksamkeit der Befristung eines Arbeitsverhältnisses mit einem Profisportler

  • Die Eigenart der Arbeitsleistung eines Profifußballspielers als solche rechtfertigt nicht die Befristung eines Arbeitsverhältnisses.
  • Die Befristung eines Arbeitsverhältnisses mit einem Spitzensportler ist nur nach Maßgabe des § 14 TzBfG zulässig.
  • Liegen andere Sachgründe – etwa in der Person aufgrund des eigenen Wunsches des Profisportler – nicht vor, so rechtfertigt die Ungewissheit der zukünftigen Leistungsentwicklung auch im Profisport nicht die Befristung des Arbeitsverhältnisses (Arbeitsgericht Mainz, Urteil vom 24.03.2015 – 3 Ca 1197/14).
2019-02-21T14:12:23+01:00Arbeitsrecht|
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