Aktuelles2019-04-04T11:01:59+02:00

Aktuelles

Arbeitszeiterfassung

In seinem Beschluss vom 13.09.2022 (1 ABR 22/21) hat das Bundesarbeitsgericht festgestellt, dass eine Verpflichtung der Arbeitgeber zur Einführung von Systemen besteht, mit denen eine objektive, verlässliche und zugängliche Messung der von Arbeitnehmern tatsächlich erbrachten Arbeitszeiten möglich ist.

Das Bundesarbeitsgericht leitet diese Verpflichtung aus allgemeinen arbeitsschutzrechtlichen Grundpflichten her, die den Arbeitgebern insbesondere nach § 3 Abs. 2 Nr. 1 ArbSchG zufallen.

Im Ergebnis sieht das Bundesarbeitsgericht eine aus dem Arbeitsschutzgesetz folgende Verpflichtung des Arbeitgebers, ein objektiv verlässliches und zugängliches System für die Erfassung sämtlicher Arbeitszeiten einzuführen.

Dabei sind die Besonderheiten der jeweils betroffenen Tätigkeitsbereiche der Arbeitnehmer zu berücksichtigen.

Die Arbeitszeiterfassung muss nicht zwingend elektronisch erfolgen.

Denkbar dürfte auch eine Erfassung der Arbeitszeiten in Papierform sein.

Nach Ansicht des BAG scheint es auch möglich zu sein, die Aufzeichnung der betreffenden Arbeitszeiten an die Arbeitnehmer zu delegieren.

Das bedeutet in der Konsequenz nicht, dass flexible Konzepte wie Vertrauensarbeitszeit nicht mehr möglich sind.

Es müssen aber Wege gefunden werden, die hierbei erbrachten Arbeitszeiten objektiv und verlässlich, also ehrlich, zu erfassen.

 

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Verjährung von Urlaubsansprüchen/Verjährung von Urlaubsabgeltungsansprüchen

Das Bundesarbeitsgericht hat zur Verjährung von Urlaubsansprüchen und der Verjährung von Urlaubsabgeltungsansprüchen zwei wegweisende Entscheidungen getroffen.

Urlaubsanspruch

Am 20.12.2022 (9 AZR 266/20) hat das Bundesarbeitsgericht entschieden, dass Urlaubsansprüche verjähren können. Die dreijährige Verjährungsfrist beginnt jedoch erst am Ende des Kalenderjahres, in dem der Arbeitgeber den Arbeitnehmer über seinen konkreten Urlaubsanspruch informiert und ihm im Hinblick auf Verfallfristen aufgefordert hat, den Urlaub tatsächlich zu nehmen.

Hat der Arbeitgeber diese Mitwirkungsobliegenheiten nicht entsprochen, kann der nicht erfüllte gesetzliche Urlaub aus möglicherweise mehreren Jahren im laufenden Arbeitsverhältnis weder nach § 7 Abs. 3 BUrlG verfallen, noch nach § 195 BGB verjähren und ist bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses nach § 7 Abs. 4 BUrlG abzugelten. Bei einem Verstoß gegen die Mitwirkungsobliegenheiten kann sich so über viele Jahre ein Urlaubsanspruch „anhäufen“.

Urlaubsabgeltungsanspruch

Der Urlaubsabgeltungsanspruch, der mit Beendigung des Arbeitsverhältnisses entsteht, unterliegt allerdings seinerseits der Verjährung.

Dies hat der BGH in seinen Urteilen vom 31.01.2023 (9 AZR 456/20) entschieden Die dreijährige Verjährungsfrist für den Abgeltungsanspruch beginnt mit dem Ende des Jahres, in dem das Arbeitsverhältnis endet, ohne dass es auf die Erfüllung der Mitwirkungsobliegenheiten ankommt.

Die Beendigung des Arbeitsverhältnisses ist insoweit ein Einschnitt.

Die strukturell schwächere Stellung des Arbeitnehmers, aus welchem der Europäische Gerichtshof während des Bestehens des Arbeitsverhältnisses die Schutzbedürftigkeit des Arbeitnehmers bei der Inanspruchnahme von Urlaub ableitet, endet mit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses.

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Kein automatischer Verfall von Urlaubsansprüchen

Am 20.12.2022 hat das Bundesarbeitsgericht (BAG Az: 9 AZR 266/20) entschieden, dass Urlaubsansprüche von Arbeitnehmern nicht automatisch nach drei Jahren verjähren. Die Arbeitgeber müssen eine aktive Rolle spielen und dürfen nicht zuschauen, wie die Ansprüche verjähren und sich dann auf die Verjährung zu berufen.

Vielmehr sind die Arbeitgeber gehalten, die Beschäftigten rechtzeitig aufzufordern, ihren Urlaub zu nehmen und sie vor einer drohenden Verjährung zu warnen.

Dieses Grundsatzurteil hat Auswirkungen auf viele Arbeitnehmer, die über offene Urlaubsansprüche streiten, die teilweise Jahre zurückliegen. Die Position der Arbeitnehmer wird dadurch erheblich gestärkt.

Das Bundesarbeitsgericht hat entschieden, dass die Informationspflicht des Arbeitgebers auch für Arbeitnehmer gilt, die für lange Zeit arbeitsunfähig erkrankt sind.

Diesen drohte bisher auch für das Jahr ihrer Erkrankung der Verfall von Urlaub 15 Monate nach Ende des Kalenderjahres.

Dies gilt nach dem Urteil des Bundesarbeitsgerichts nicht mehr.

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Änderung des Nachweisgesetzes zum 01.08.2022

Seit dem 01.08.2022 müssen sich Arbeitgeber bei der Einstellung von Arbeitnehmern auf neue Regelungen einstellen.

Bislang wurde durch das Nachweisgesetz geregelt, dass der Arbeitgeber spätestens einen Monat nach dem vereinbarten Beginn des Arbeitsverhältnisses die wesentlichen Vertragsbedingungen (§ 2 NachwG) schriftlich niederzulegen, zu unterzeichnen und den Arbeitnehmer auszuhändigen hatte. Ein Verstoß dagegen wurde nicht sanktioniert. Es wurde allenfalls darüber diskutiert, ob sich die Beweislastverteilung ändert.

Durch die nunmehrige neue Regelung sind neben der bisherigen in § 2 befindlichen Regelung weitere Punkte hinzugekommen. Die Neuregelungen gelten für alle Neueinstellungen, die ab dem 01.08.2022 vorgenommen werden.

Seitdem muss dem Arbeitnehmer die Niederschrift mit den Mindestinformationen bereits am 1.Arbeitstag vorliegen.

Weitere Nachweise (Beginn des Arbeitsverhältnisses, Dauer der Probezeit, Dauer der Befristung, Arbeitsort, Leistungsbeschreibung und Überstunden Anordnung) sind dem Arbeitnehmer innerhalb von sieben Kalendertagen nach Beginn des Arbeitsverhältnisses schriftlich nachzureichen. Darüber hinaus gehende Regelungen zu Urlaub, betrieblicher Altersversorgung, Pflichtfortbildung, Kündigungsverfahren und zu eventuell geltenden Tarifverträgen und Betriebsvereinbarungen sind dem Arbeitnehmer innerhalb eines Monats schriftlich mitzuteilen.

Vorgenannte Neuregelungen gelten grundsätzlich auch für Arbeitnehmer, die bereits vor dem 01.08.2022 eingestellt wurden. Voraussetzung für die Unterrichtung über die wesentlichen Arbeitsbedingungen ist in diesem Fall jedoch, dass der Arbeitnehmer dies vom Arbeitgeber verlangt.

Im Ergebnis wurden die Nachweispflichten deutlich erweitert und die bisherigen Fristen zur Erbringung des Nachweises zum Teil gekürzt. Anders als bisher drohen bei Nichteinhaltung der Fristen oder dann, wenn der Nachweis durch den Arbeitgeber nicht oder nicht zutreffend erbracht wird empfindliche Bußgelder von bis zu 2.000,00 € pro Verstoß.

Es ist zu beachten, dass die wesentlichen Arbeitsbedingungen nach dem Nachweisgesetz, auch in seiner zukünftigen Fassung, schriftlich mitgeteilt werden müssen. Eine Aushändigung als Scan oder lediglich mit einer digitalen Unterschrift ist nicht ausreichend!

Im Ergebnis müssen die bestehenden Arbeitsvertragsmuster anhand der Neuregelungen geprüft und gegebenenfalls ergänzt werden. Altverträge, die vor dem 01.08.2022 abgeschlossen wurden, müssen zunächst nicht angepasst bzw. geändert werden. Verlangt jedoch ein „Altmitarbeiter“, also ein Arbeitnehmer, dessen Arbeitsverhältnis bereits vor dem 01.08.2022 begründet wurde, die Bekanntgabe der wesentlichen Arbeitsbedingungen, so sind ihm diese innerhalb von sieben Tagen schriftlich mitzuteilen.

Die neue Regelung beinhaltet, wenn sie sich herumspricht, ein erhebliches Risikopotential für den Arbeitgeber.

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Darlegungs- und Beweislast im Überstundenvergütungsprozess (BAG vom 04.05.2022 – 5 AZR 359/21)

In seiner Entscheidung vom 04.05.2022 – 5 AZR 359/21 hat das Bundesarbeitsgericht klargestellt, dass der Arbeitnehmer zur Begründung einer Klage auf Vergütung geleisteter Überstunden weiterhin darzulegen hat, dass er Arbeit in einem die Normalarbeitszeit übersteigenden Umfang geleistet oder sich auf Weisung des Arbeitgebers dazu bereitgehalten hat.

Da der Arbeitgeber Vergütung nur für von ihm veranlasste Überstunden zahlen muss, hat der Arbeitnehmer weiter vorzutragen, dass der Arbeitgeber die geleisteten Überstunden ausdrücklich oder konkludent angeordnet, geduldet oder nachträglich gebilligt hat.

Diese vom BAG entwickelten Grundsätze zur Verteilung der Darlegungs- und Beweislast für die Leistung von Überstunden durch den Arbeitnehmer und deren Veranlassung durch den Arbeitgeber, werden durch die auf Unionsrecht (EuGH 14.05.2019 – C 55/18) beruhende Pflicht zur Einführung eines Systems zur Messung der von Arbeitnehmern geleisteten täglichen Arbeitszeit (Zeiterfassungssystem) nicht verändert.

Das BAG hat klargestellt, dass die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs zur Messung der täglichen Arbeitszeit keine Auswirkungen, auf die nach deutschem Prozessrecht entwickelten Grundsätze über die Verteilung der Darlegungs- und Beweislast in Überstundenvergütungen hat.

Es ist also im Überstundenprozess durch den Arbeitnehmer nach wie vor der Umfang der Arbeiten und deren Veranlassung, Duldung oder Billigung durch den Arbeitgeber darzulegen und zu beweisen.

 

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Kürzung des Urlaubs wegen Kurzarbeit

Das Bundesarbeitsgericht hat in einer Entscheidung am 30.11.2021 (Az. 9 AZR 225/21) entschieden, dass vollständig ausgefallene Arbeitstage aufgrund von Kurzarbeit (100 % Arbeitsausfall) zur Kürzung des Urlaubsanspruchs führen können.

Dieses Urteil hat nicht nur Auswirkungen im Verhältnis Arbeitgeber/Arbeitnehmer sondern auch auf das Verhältnis Arbeitgeber/Arbeitsagentur.

Die Arbeitsagentur hat dazu eine Weisung (202112023) vom 17.12.2021 herausgegeben.

Unternehmen, die auch 2022 Kurzarbeitergeld in Anspruch nehmen, müssen berücksichtigen, dass Resturlaub der Arbeitnehmer vorrangig zur Vermeidung der Kurzarbeit einzusetzen ist, bevor dieser verfällt.

Nicht verplanter Urlaub muss also zur Vermeidung der Kurzarbeit eingesetzt werden.

Soll der Urlaub nicht zur Vermeidung der Kurzarbeit eingesetzt werden, weil der Arbeitnehmer diesen für Erholungszwecke nutzen möchte, so ist ein Urlaubsplan zu erstellen, damit der verplante Urlaub gegenüber der Arbeitsagentur nachgewiesen werden kann.

Nur der in einem Urlaubsplan verplante Urlaub bleibt von einer möglichen Kürzung geschützt.

Nicht verplante Urlaubstage müssen hingegen zur Vermeidung der Kurzarbeit eingesetzt werden.

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