Zur Klärung der Frage, ob der Anspruch auf bezahlten Jahresurlaub der Verjährung unterliegt, hat der Neunte Senat des Bundesarbeitsgerichts ein Vorabentscheidungsersuchen an den Gerichtshof der Europäischen Union gerichtet.
Der Arbeitgeber hatte einer Mitarbeiterin im Jahr 2012 bescheinigt, dass der Resturlaubsanspruch von 76 Tagen aus dem Kalenderjahr 2011 sowie den Vorjahren am 31.03.2012 nicht verfällt, weil sie ihren Urlaub wegen des hohen Arbeitsaufwandes nicht antreten konnte. In den darauffolgenden Jahren gewährte der Arbeitgeber der Klägerin Urlaub. Nach dem Ausscheiden aus dem Betrieb hat die Arbeitnehmerin mit ihrer Klage die Abgeltung von insgesamt 101 Urlaubstagen aus dem Jahr 2017 und den Vorjahren verlangt.
Im Laufe des Prozesses hat der Arbeitsgeber die Einrede der Verjährung erhoben. Er hat geltend gemacht, für die Urlaubsansprüche, deren Abgeltung die Klägerin verlangt, sei die regelmäßige Verjährungsfrist von drei Jahren vor Beendigung des Arbeitsverhältnisses abgelaufen.
Das Landesarbeitsgericht ist dieser Auffassung nicht gefolgt und hat der Klage inklusive der Abgeltung von 76 Urlaubstagen aus den Jahren 2013-2016 stattgegeben.
Für das Bundesarbeitsgericht ist es entscheidungserheblich, ob die nichterfüllten Urlaubsansprüche aus dem Jahr 2014 und den Vorjahren bei Klageerhebung bereits verjährt waren.
Die Urlaubsansprüche konnten wegen nicht gemäß § 7 Abs. 3 BUrlG verfallen. Bei unionskonforme Auslegung dieser Vorschrift erlischt der Anspruch auf den gesetzlichen Mindesturlaub grundsätzlich nur dann am Ende des Kalenderjahres, wenn der Arbeitgeber den Arbeitnehmer konkret aufgefordert hat, seinen Urlaub rechtzeitig im Urlaubsjahr zu nehmen und ihn darauf hinzuweisen, dass dieser andernfalls verfallen kann (vgl. Pressemitteilung des Bundesarbeitsgerichts Nr. 9 vom 19.02.2019).
Diese Obliegenheiten hatte der Arbeitgeber vorliegend nicht erfüllt.
Vor diesem Hintergrund hat das Bundesarbeitsgericht den EuGH um eine Vorabentscheidung über die Frage ersucht, ob es mit der Arbeitszeitrichtlinie in Einklang steht, dass der Anspruch auf bezahlten Urlaub, der aufgrund unterlassener Mitwirkung des Arbeitgebers nicht nach § 7 Abs. 3 BUrlG verfallen konnte, gemäß § 194 Abs. 1, 195 der Verjährung unterliegt (BAG Urteil vom 29.09.2020 – 9 AZR 266/20 (A)).